„Trauma ist im Nervensystem,
nicht im Ereignis.“

Peter A. Levine

Somatic Experiencing (SE)® wurde seit Ende der 60er Jahre von Dr. Peter A. Levine (USA) entwickelt. Er hat sowohl in medizinischer Biophysik als auch in Psychologie promoviert und ist ein international anerkannter Experte auf dem Gebiet der Traumaheilung. Seit den 90er Jahren bilden er und sein Team Therapeuten nach seiner Methode aus. Um die Mechanismen der Stressbewältigung zu verstehen, hat sich Levine zunächst der Biologie zugewandt.

Stressreaktion bei Säugetieren: Kampf oder Flucht vs. Erstarrung

Levine wollte wissen, wie Tiere lebensbedrohliche Ereignisse natürlich verarbeiten. Warum zeigen Tiere in freier Wildbahn keine Traumasymptome, obwohl sie massiven Gefahren und hohem Stress ausgesetzt sind?

Säugetiere sind von ihrem vegetativen, unwillkürlichen Nervensystem her mit zwei verschiedenen Reaktionsmustern ausgestattet, bei denen der Sympathikus und der Parasympathikus unterschiedlich miteinander agieren.

Kampf oder Flucht

Wenn Kampf oder Flucht als Reaktion auf Bedrohung möglich ist, wird der Sympathikus aktiv. Er sorgt dafür, dass der Körper motorische Höchstleistung bringen kann. Ist die Gefahr (oder auch die Jagd) vorbei, reguliert sich das System und der Rhythmus zwischen Sympathikus und Parasympathikus  stellt sich wieder ein. Letzterer ist im natürlichen Rhythmus für Erholung und Entspannung zuständig.


Wir sind biologisch darauf ausgelegt kurze Phasen sehr hoher Erregung, also Stress zu erleben, ohne dass dies negative Konsequenzen hat.
Traumata, so Levine, entstehen durch das andere Reaktionsmuster:

Die Erstarrungsreaktion (Freeze)

Sie dient dem Überleben bei einer Konfrontation mit einem übermächtigen Gegner. Bei dieser Reaktion übernimmt ein Teil des Parasympathikus die Herrschaft über das hocherregte System und es kommt zu einem „Shut down“ wo der gesamte Organismus in einen todesähnlichen Zustand heruntergefahren wird.

Wenn Tiere aus dieser Erstarrungsreaktion wieder auftauchen, durchläuft sie üblicherweise für eine kurze Zeit ein deutliches Zittern. Dabei wird die hohe Erregung, die durch den Shut down blockiert wurde, freigesetzt.
Dies  ist der Grund, warum wilde Tiere keine Traumata haben.

Bei Menschen ist das oft anders:
Uns kommen leicht unsere komplexen kognitiven und emotionalen Fähigkeiten in die Quere. Instinktgeleitetes  Zittern ist in modernen Gesellschaften nicht akzeptiert, stattdessen versuchen wir, uns sofort „unter Kontrolle“ zu bekommen. Dies gilt vor allem für Situationen wie Unfälle oder Naturkatastrophen.
Häufig sind aber Traumata Folge wiederholter Gewalterfahrung und Demütigung. Diese gehen mit komplexen emotionalen Reaktionen einher, wie Angst, Ohnmacht und, besonders bei sexueller Gewalt, Scham. Daraus entstehen Teufelskreise chronischer Lähmung mit den typischen Traumasymptomen emotionaler Taubheit und Dissoziation.
Im SE suchen wir die Lücke und stoppen diesen Kreislauf.

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